Erforschung der Sammlung Richard – einzigartige Quelle zu Torfabbau und Produktentwicklung in Deutschland für die Zeit 1950 bis 1980.
Das Forschungsprojekt soll die Forschungssituation zur Torfindustrie für die Zeit nach 1945 (1950-1985) deutlich verbessern. Das Emsland Moormuseum verfügt mit dem Nachlass des Oldenburger Ingenieurs Karl-Hinrich Richard (11.8.1913-22.7.1994) über einen (umfangreichen) Bestand, der die Thematik Torfproduktion, Produktentwicklung und Nutzung dicht abbildet. Der Bestand besteht aus etwa 50 Aktenordnern, darin abgelegte maschinen- und handschriftlichen Notizen, Skizzen, Reisenotizen, Korrespondenzen, Fotografien, technische Zeichnungen, technische Konstruktionspläne, Produktblätter, Werbebroschüren – dies alles für den niedersächsischen, europäischen- und osteuropäischen Raum innerhalb der Zeitläufte von 1950 bis 1980. In den Aktenordnern thematisch geordnet die Themen: Torfabbaumaschinen, Torfabbaumethoden, Torfprodukte, Torfverarbeitung nach verschiedenen Bereichen (Schwarztorf, Weißtorf, Gartenbau, energetische Nutzung, Trocknungsverfahren usw.), Moorschutz/Naturschutz, Torfabbauindustrie (nach Ländern sortiert Europa sowie Russland), Internationale Forschung, Kongresse, Deutsche Gesellschaft für Moor- und Torfkunde. Daneben hat Karl-Hinrich Richard eine äußerst umfassende Literatursammlung zu fast allen der oben genannten Themen angelegt, die bis in das 17. Jahrhundert zureicht. Er war Autor von etlichen Fachartikeln zu den genannten Themen und hielt national und international Fachvorträge zu obigen Themen u.a. in Quebec, Leningrad, Minsk, Dublin, Uppsala, Athlone usw.
Als Fachingenieur war Karl-Hinrich Richard an der Entwicklung von Torfabbaumaschinen und Produktionsmaschinen zur Verarbeitung der Torfe beteiligt. Er hat für nahezu alle Abtorfungsfirmen im niedersächsischen Raum gearbeitet oder hatte engen Kontakt zu diesen Firmen. Außerdem betreute er in ganz Europa von ihm konstruierte Maschinen. Wie diese Verflechtung zu Stande kam, ist nicht hinreichend klar. Da er als Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Moor- und Torfkunde und als Mitglied der International Peat Society zudem international gut vernetzt war, hat er immer schon seine Arbeit in die Entwicklung des europäischen- und außereuropäischen Raumes eingeordnet. So war er lange Jahre für die Vereinigten Nationen weltweit (vor allem Afrika) in Fragen des Torfabbaus beratend tätig. Inwieweit Richard in der Zeit des Nationalsozialismus in Kriegshandlungen oder in den Torfabbau, etwa in den annektierten Ostgebieten verstrickt war, ist nicht bekannt. Für die Zeit bis 1945 gibt es kaum Informationen zu seiner Person. Es wird also im Projekt ebenfalls notwendig sein, diese Fragestellung aufzulösen.
Im geplanten Forschungsprojekt sollen die in Aktenordern grob systematisierten Überlieferungen Richards digitalisiert und geordnet werden. Da die Literatur bereits mit Hilfe des Programmes LIDOS erfasst wurde, kann eine Zuordnung zur Literatur direkt erfolgen. In weiteren Schritten soll der Bestand nach technischen und wirtschaftlichen Fragestellungen untersucht werden, dabei werden die vorhandenen Bestände der Versuchsanstalt für technische Moorverwertung Hannover sowie der Torfforschungsanstalt Bad Zwischenahn herangezogen. Es geht unter anderem um Fragen der technischen Entwicklung von Abtorfung, der Produktentwicklung in den Bereichen Weiß- und Schwarztorf, der Einordnung dieser Entwicklung in die Wirtschaftslage der jeweiligen Zeit im lokalen Raum und auf Landesebene, nationale und internationale Einflüsse auf Produktion und Produktentwicklung, Arbeitskräfteeinsatz und Arbeitskräfteentwicklung in Vergleich mit den anderen Industrien Niedersachsens. Ein Abgleich mit den in den Landesarchiven vorhandenen einschlägigen Aktenüberlieferungen zur Torfindustrie erfolgt in Stichproben. Eine Einordnung der niedersächsischen Torfindustrie in die wirtschaftliche Entwicklung des Landes nach 1945 wird dann möglich sein. Fragen zur Innovationsfähigkeit der Torfindustrie auch im internationalen Kontext können beantwortet werden. Das Museum wäre dann zudem endlich in der Lage auch die Dauerausstellung mit dem Thema Torfindustrie nach 1945 auszustatten, um so die Besucher an eine der wichtigsten zeitgenössischen Fragestellungen heranzuführen: Ist der Einsatz von Torf im privaten Gartenbau und im Erwerbsgartenbau in Zeiten des Klimawandels und der Bedeutung intakter Moore für das weltweite Klimageschehen noch zeitgemäß, nachhaltig und verantwortbar.
Das Gemeinschaftsprojekt der Universität Osnabrück, Fachbereich Geschichte (Prof. Dr. Rass) und dem Emsland Moormuseum (Dr. Michael Haverkamp) läuft zunächst vom 1.3.2024 bis zum 30.6.2025. Das Projekt wird mit Mitteln des Niedersächsischen Wissenschaftsministeriums finanziert. Hierzu auch: https://nghm.hypotheses.org/20944
Wissenschaftler im Projekt ist Dr. Michael Schmidt
05937-709990
schmidt@moormuseum.de