Forschen
Das Projekt „Kartierung der Flora und Fauna“ wurde am Emsland Moormuseum seit 2015 entwickelt und war für die Jahre 7/2018 bis 5/2022 im Rahmen von LEADER und dem Landkreis Emsland finanziert. Koordiniert wurde das Projekt von Johannes Weise (M.Sc. Biologie). Im Mittelpunkt des nun ohne Finanzierung und Personalstelle weitergeführten Projektes steht die Erfassung des Artinventars in den Schutzgebieten des Naturparks Moor sowie die Pflege eines Kartiernetzwerkes. Die bis 2023 erfolgte Erstkartierung bildet die Datenbasis, um bei Nachzählungen in Folgejahren längerfristige Entwicklungen abzubilden. Ganz im Sinne des Citizen Science Ansatzes setzt das Projekt vorrangig auf die ehrenamtliche Mitarbeit von kartierenden Bürgerinnen und Bürgern.
2019 wurde das Projekt von der Geschäftsstelle der UN-Dekade und dem Bundesamt für Naturschutz als “Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt“ ausgezeichnet. Das Schwerpunktthema der UN-Dekade 2019/2020 „Insekten schützen – gemeinsam für die Vielfalt der Natur“ fand bei der durchgeführten Kartierung besondere Beachtung, da sich unter den Insekten einige wertbestimmende und extrem spezialisierte Hochmoorarten finden lassen, die als Indikatorarten eine gute Einschätzung der Qualität ihres Lebensraums ermöglichen.
Mittlerweile kümmert sich ein Team von etwa 30 Fachleuten und Bürgerwissenschaftlern um die Erfassung der Arten – jeder nach seiner Profession. Für einzelne Arten, für die keine ehrenamtliche Erfassung möglich war, wurden im Rahmen der Möglichkeiten Büros mit der Kartierung beauftragt. Ergebnisse sind mit wenigen Einschränkungen (gefährdete Arten) offen kommuniziert und für die Forschung oder weiterführende Projektarbeiten am Moormuseum einsehbar. Für die Datenerfassung, auch über die Projektlaufzeit hinaus, ist eine Datenbank eingerichtet, Sie finden diese unter folgendem Link: https://leaderdatenbank.moormuseum.de/
Nach aktuellem Stand sind 1730 Tier- und 335 Pflanzenarten im Projektgebiet nachgewiesen. Darunter fanden sich Moorspezialisten wie Sphagnum pulchrum, Sphagnum medium, Vaccinium oxycoccus, Rhynchospora alba sowie Narthecium ossifragum. Bei den Tieren waren es etwa Acyloporus wagenschieberi, Heliotis maritima ssp. warnecki, Diarsia dahlii, Somatichlora arctica, Megachile analis, Formica picea, Pardosa sphagnicola, Gallinago gallinago, Vipera berus und Rana arvalis.
Die Ergebnisse des Projekts bilden die Grundlage für eine sachgerechtere Bewertung der untersuchten Naturschutzgebiete. Die Bereiche der musealen und touristischen Umweltbildung erhalten verlässliches Datenmaterial für neue Vermittlungsansätze.
Die Ergebnisse sind in einem Katalog zusammengefasst. Ein Glücksfall – Artenreichtum Moor: Kartierung der vorhandenen Flora und Fauna in den Naturschutzgebieten des Naturpark Moor / herausgegeben von Michael Haverkamp ; Emsland Moormuseum; ISBN: 978-3-89946-320-0 Broschur: EUR 13.00
Das Emsland Moormuseum bedankt sich bei allen ehrenamtlichen Kartiererinnen und Kartierern für die tolle Zusammenarbeit und freut sich auch zukünftig mit diesen und weiteren engagierten Bürgerwissenschaftlern und Bürgerwissenschaftlerinnen einen gemeinsamen Weg zu gehen.
Nähere Informationen erteilen wir gerne auf Anfrage.
Dr. Michael Haverkamp
Direktor
Emsland Moormuseum
Geestmoor 6
49744 Geeste
05937 7099913
haverkamp@moormuseum.de
Blog, Forschen
Erforschung der Sammlung Richard – einzigartige Quelle zu Torfabbau und Produktentwicklung in Deutschland für die Zeit 1950 bis 1980.
Das Forschungsprojekt soll die Forschungssituation zur Torfindustrie für die Zeit nach 1945 (1950-1985) deutlich verbessern. Das Emsland Moormuseum verfügt mit dem Nachlass des Oldenburger Ingenieurs Karl-Hinrich Richard (11.8.1913-22.7.1994) über einen (umfangreichen) Bestand, der die Thematik Torfproduktion, Produktentwicklung und Nutzung dicht abbildet. Der Bestand besteht aus etwa 50 Aktenordnern, darin abgelegte maschinen- und handschriftlichen Notizen, Skizzen, Reisenotizen, Korrespondenzen, Fotografien, technische Zeichnungen, technische Konstruktionspläne, Produktblätter, Werbebroschüren – dies alles für den niedersächsischen, europäischen- und osteuropäischen Raum innerhalb der Zeitläufte von 1950 bis 1980. In den Aktenordnern thematisch geordnet die Themen: Torfabbaumaschinen, Torfabbaumethoden, Torfprodukte, Torfverarbeitung nach verschiedenen Bereichen (Schwarztorf, Weißtorf, Gartenbau, energetische Nutzung, Trocknungsverfahren usw.), Moorschutz/Naturschutz, Torfabbauindustrie (nach Ländern sortiert Europa sowie Russland), Internationale Forschung, Kongresse, Deutsche Gesellschaft für Moor- und Torfkunde. Daneben hat Karl-Hinrich Richard eine äußerst umfassende Literatursammlung zu fast allen der oben genannten Themen angelegt, die bis in das 17. Jahrhundert zureicht. Er war Autor von etlichen Fachartikeln zu den genannten Themen und hielt national und international Fachvorträge zu obigen Themen u.a. in Quebec, Leningrad, Minsk, Dublin, Uppsala, Athlone usw.
Als Fachingenieur war Karl-Hinrich Richard an der Entwicklung von Torfabbaumaschinen und Produktionsmaschinen zur Verarbeitung der Torfe beteiligt. Er hat für nahezu alle Abtorfungsfirmen im niedersächsischen Raum gearbeitet oder hatte engen Kontakt zu diesen Firmen. Außerdem betreute er in ganz Europa von ihm konstruierte Maschinen. Wie diese Verflechtung zu Stande kam, ist nicht hinreichend klar. Da er als Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Moor- und Torfkunde und als Mitglied der International Peat Society zudem international gut vernetzt war, hat er immer schon seine Arbeit in die Entwicklung des europäischen- und außereuropäischen Raumes eingeordnet. So war er lange Jahre für die Vereinigten Nationen weltweit (vor allem Afrika) in Fragen des Torfabbaus beratend tätig. Inwieweit Richard in der Zeit des Nationalsozialismus in Kriegshandlungen oder in den Torfabbau, etwa in den annektierten Ostgebieten verstrickt war, ist nicht bekannt. Für die Zeit bis 1945 gibt es kaum Informationen zu seiner Person. Es wird also im Projekt ebenfalls notwendig sein, diese Fragestellung aufzulösen.
Zu einem Meeting im Museum trafen sich v.l.n.r. Dr. Michael Haverkamp, Direktor Emsland Moormuseum, Dr. Michael Schmidt, Prof. Dr. Christof A. Rass, Universität Osnabrück und Markus Jähnichen, Projekt Digitalisierung am Emsland Moormuseum.
Im geplanten Forschungsprojekt sollen die in Aktenordern grob systematisierten Überlieferungen Richards digitalisiert und geordnet werden. Da die Literatur bereits mit Hilfe des Programmes LIDOS erfasst wurde, kann eine Zuordnung zur Literatur direkt erfolgen. In weiteren Schritten soll der Bestand nach technischen und wirtschaftlichen Fragestellungen untersucht werden, dabei werden die vorhandenen Bestände der Versuchsanstalt für technische Moorverwertung Hannover sowie der Torfforschungsanstalt Bad Zwischenahn herangezogen. Es geht unter anderem um Fragen der technischen Entwicklung von Abtorfung, der Produktentwicklung in den Bereichen Weiß- und Schwarztorf, der Einordnung dieser Entwicklung in die Wirtschaftslage der jeweiligen Zeit im lokalen Raum und auf Landesebene, nationale und internationale Einflüsse auf Produktion und Produktentwicklung, Arbeitskräfteeinsatz und Arbeitskräfteentwicklung in Vergleich mit den anderen Industrien Niedersachsens. Ein Abgleich mit den in den Landesarchiven vorhandenen einschlägigen Aktenüberlieferungen zur Torfindustrie erfolgt in Stichproben. Eine Einordnung der niedersächsischen Torfindustrie in die wirtschaftliche Entwicklung des Landes nach 1945 wird dann möglich sein. Fragen zur Innovationsfähigkeit der Torfindustrie auch im internationalen Kontext können beantwortet werden. Das Museum wäre dann zudem endlich in der Lage auch die Dauerausstellung mit dem Thema Torfindustrie nach 1945 auszustatten, um so die Besucher an eine der wichtigsten zeitgenössischen Fragestellungen heranzuführen: Ist der Einsatz von Torf im privaten Gartenbau und im Erwerbsgartenbau in Zeiten des Klimawandels und der Bedeutung intakter Moore für das weltweite Klimageschehen noch zeitgemäß, nachhaltig und verantwortbar.
Das Gemeinschaftsprojekt der Universität Osnabrück, Fachbereich Geschichte (Prof. Dr. Rass) und dem Emsland Moormuseum (Dr. Michael Haverkamp) läuft zunächst vom 1.3.2024 bis zum 30.6.2025. Das Projekt wird mit Mitteln des Niedersächsischen Wissenschaftsministeriums finanziert. Hierzu auch: https://nghm.hypotheses.org/20944
Wissenschaftler im Projekt ist Dr. Michael Schmidt
05937-709990
schmidt@moormuseum.de
Forschen
Binnenkolonisierung, Moorkultivierung und Torfwirtschaft in Nordwestdeutschland
Ziele des Projektes:
1. Die Aufsiedlung kultivierter und nichtkultivierter Moore wird in Hinblick auf die Motivation, Steuerung, Quantität und Dynamik vergleichend untersucht. Welche Entwicklung nahmen die Moorsiedlungen, die zunächst Satelliten der Zivilisation inmitten der Ödnis bildeten, innerhalb der Moorkultivierung und wie sind diese im Prozess zu bewerten? Welche wirtschaftliche Dynamik entfallteten die Moorsiedlungen und Moorsiedler? Wie sind die Lebensbedingungen der Siedler in den einzelnen Zeitläuften zu bewerten?
2. Die Torfindustrie wird spätestens 1920 zu einer Leitindustrie in ganz Nordwestdeutschland, nimmt erheblichen Einfluss auf die Kultivierung der Moore und bindet Kapital in der Region. Es wird erforscht, welche räumliche Verteilung die Torfindustriebetriebe in welchen Zeitabschnitten einnahmen, wie viele Arbeitskräfte beschäftigt waren, welche Produkte wie und auf welchen Wegen vermarktet wurden, welche Wirtschaftskraft die Betriebe entfalteten und welchen Einfluss die Torfabbauverbände auf wirtschaftliche und politische Entscheidungen nehmen konnten.
3. Bis heute sind die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Steuerungsmechanismen, die zur Moorkultivierung, Besiedlung und Torfnutzung führten, nicht hinreichend beschrieben. Insbesondere die Arbeit staatlicher Stellen in Preußen (u.a. die Zentrale Moorkommission) und die Zusammenarbeit mit den entsprechenden Forschungseinrichtungen, Wirtschaftsverbänden und Interessensgruppen wird aufgearbeitet.
Ansprechpartner: Dr. Michael Haverkamp, Telefon: 05937 709990
Abb.: Baggerkopf eines Schwarztorfbaggers der Fa. Wieland, um 1950